MARKEN BILDEN GEMEINSCHAFTEN

Mitarbeiter und Kunden unter sich (Foto: Girsberger)

Obwohl eine Marke durch rationales Denken zum Leben erweckt wird, kann die Markenidee – gleichbedeutend mit der Geschäftsidee – erstaunlich gemeinschaftliche Kräfte aufbauen. Ausgehend vom menschlichen Bedürfnis nach Zugehörigkeit evolvieren Markenideen nach sozialer Logik. Indem wir eine Marke bejahen, gehen wir sozusagen eine soziale Beziehung mit ihr ein und fühlen uns mit anderen Befürwortern über die geteilte Idee verbunden. Wir werden damit Teil einer markenspezifischen Ideengemeinschaft, sprich eines sozialen Organismus, der in den Köpfen der Markenanhänger lebt.

 

So folgen wir überall Markenideen und gehören unzähligen vorgestellten Verbundenheiten an. Apple-Freaks gehören zur Gemeinschaft von Steve Jobs. Lafite-Rothschild-Liebhaber fühlen sich untereinander verbunden, genauso wie Bayern-München-Fans. Der Eidgenosse tritt für Schweizer Werte ein. Der gläubige Christ fühlt sich dem Christentum verpflichtet. Die Marlboro-Raucher sind einander sympathisch. Oder die Victorinox-Abenteurer schwören allesamt auf ihre Sackmesser.

 

Der Ideengeber tritt als erster in die Abhängigkeit seiner eigenen Idee, gefolgt von ersten Kunden und Mitarbeitenden. Durch ungezwungenes gemeinsames Wollen bildet sich eine Markengemeinschaft, dessen Mitglieder sich zunehmend wesenswilliger verbunden fühlen – zur Marke sowie untereinander. Das geht soweit, dass die Kinder des Gründers in das Unternehmen hineingeboren und mit der Marke untrennbar verbunden aufwachsen.

 

Die zunehmend gemeinschaftliche Verbundenheit kann sich kundenseitig wie folgt aufbauen: Der Konsument, der beim Erstkauf den Nutzen eines Markenprodukts rational prüft und die Markenwerte identifiziert, findet möglicherweise Gefallen an der Marke, kauft sie wiederholt, gewöhnt sich daran, will sie nach jahrelangem Gebrauch nicht mehr missen und wird zum Kunden. Nicht selten fühlen sich Markenfans irgendwann gar freiwillig zum Kauf verpflichtet. Anfängliche Produktorientierung und Ungewissheit wandelt sich in Markenvertrautheit und mündet bestenfalls in blindem Vertrauen in die Marke.

 

Markengemeinschaften entwickeln sich wie natürliche Systeme. Dabei organisiert das Unternehmen als Geschöpf der Marke den wirtschaftlichen Tauschprozess. Unter dauerhaft ausreichender Zufuhr von markenadäquatem Gedankengut, Zufriedenheit und Geld einerseits und einem permanenten Ungleichgewicht zwischen (Teil-)Haben und (Teil-)Haben-Wollen andererseits, wächst die Markengemeinschaft organisch und sich selbst reproduzierend, also autopoietisch. Belegschaft und Kundschaft sind wirtschaftlich hyperzyklisch gekoppelt und evolvieren miteinander.

 

 

© 2015-2019 andreas kramer